"Wir sind die, auf die wir gewartet haben."

Rede von Gesine Lötzsch auf der Hauptversammlung der Linken in Lichtenberg/ Wahl eines neuen Bezirksvorstandes

Ausgewählte Zitate:

Zu Beate Klarsfeld

„Nun wird Beate Klarsfeld vorgeworfen, sie habe zu Behörden der DDR Kontakte gehabt. Wir wissen von ihr, dass sie diese Kontakte genutzt hat, um Kriegsverbrecher zu überführen. Wofür Joachim Gauck seine Kontakte zu Behörden genutzt hat, muss er der Öffentlichkeit noch sagen.“

Zum Neoliberalismus

„Das neoliberale Gift hat vielen die Köpfe, aber auch die Herzen vernebelt. Die Sprüche von den faulen Griechen, von den Hartz IV-Empfängern, die ja eigentlich nicht arbeiten und viel lieber zu Haus bleiben wollen, die angeblich ihr ganzes Geld für Flachbildschirme, Alkohol und Zigaretten ausgeben, das ist etwas, was viele denken, aussprechen und sich nicht grundsätzlich dagegen verwahren“

Zur neuen Doppelspitze in Lichtenberg

Darum müssen wir offensiv Frauen unterstützen und fördern. Damit will ich nicht sagen, dass wir Evrim fördern müssen. Nein, ich meine, dass Evrim durch ihre Arbeit Frauen fördern und für unsere Partei gewinnen kann. Ich glaube auch, dass Evrim und Michael Grunst gemeinsam, in der Lage sind, das Ruder zu übernehmen.

Vollständige Rede

 

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir wählen heute einen neuen Bezirksvorstand, und in einer Woche wählt die Bundesversammlung eine neue Bundespräsidentin oder einen neuen Bundespräsidenten.

Warum war es richtig, Beate Klarsfeld aufzustellen. Sie hat als einzelne Person die Bundesrepublik verändert. Sie hat alte Nazis aufgescheucht und Kriegsverbrecher hinter Gitter gebracht. Das hat weder der BND noch die Justiz oder irgendeine Partei geschafft. Das ist eine unglaubliche Lebensleistung, die gewürdigt gehört.

Es gab in der Partei drei Überlegungen, wie man mit der Situation umgehen sollte.

Die erste: Wir stellen keinen eigenen Kandidaten auf, weil wir sowieso keine Chance haben.

Wir als LINKE müssen aber immer Alternativen anbieten. Erst recht dann, wenn sich fünf andere Parteien auf einen rechtskonservativen Kandidaten einigen, der genau das Gegenteil dessen fordert, was wir wollen. Der Hartz IV richtig findet, der Kriege unterstützt, der Freiheit ohne Gerechtigkeit denkt. Wir haben Ministerpräsidenten-Kandidaten in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen-Anhalt aufgestellt, obwohl wir relativ sicher sein konnten, dass es nicht auf den ersten Anhieb klappt. Doch keiner wird bestreiten, dass es eine richtige Entscheidung war.

Und auch mit Peter Sodann und Luc Jochimsen hatten wir in den vergangenen Jahren einen guten Kandidaten und eine gute Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten. So waren wir Teil einer gesellschaftlichen Diskussion. Ohne diese Kandidaturen wären wir in den Medien gar nicht vorgekommen.

Wichtig ist natürlich: Wir wollten eine Alternative zu Joachim Gauck. Warum ist eigentlich die Fünf-Parteien-Koalition so begeistert von ihm? Offensichtlich braucht sie in der Krise einen Präsidenten, der immer wieder sagt: Alles, was jetzt passiert, ist immer noch besser als es in der DDR war. Wenn die Löhne sinken, wenn die Renten sinken, wenn die Mieten steigen, er wird immer wieder sagen: Regt euch nicht auf, es ist immer noch besser als in der DDR. Allerdings glaube ich auch, dass die fünf Parteien noch ihr blaues Wunder erleben werden, wenn Joachim Gauck mit Unterstützung der BILD-Zeitung in die Tagespolitik der Bundesregierung eingreifen wird.

BILD nennt ihn den Präsidenten der Herzen. Für mich ist Joachim Gauck ein Präsidentschaftskandidat der kalten Herzen. Er ist kalt gegenüber den Menschen, die in dieser Gesellschaft ausgegrenzt werden.

Die zweite Meinung war: Es müsse unbedingt ein Kandidat sein, der hundertprozentig unser Parteiprogramm vertritt.

Christoph Butterwegge – viele von euch kennen ihn bestimmt aus politischen Talksendungen – ist ein kompetenter Armutsforscher. Er ist ein Linker. Seine Frau ist für DIE LINKE im Landtag Nordrhein-Westfalen und dort für Sozialpolitik zuständig. Ich habe mit Christoph Butterwegge in Köln gesprochen. Er wäre ein guter Kandidat gewesen. Doch er hat zurückgezogen aus Hochachtung für Beate Klarsfeld.

Luc Jochimsen war bei der vorigen Bundespräsidentenwahl eine sehr würdige Kandidatin. Ich hatte sie gefragt, ob sie erneut antreten würde. Sie hätte es getan, wenn nicht Beate Klarsfeld zugesagt hätte.

Unsere Kandidatin ist Beate Klarsfeld. Sie hat uns mit ihrer Kandidatur einen wichtigen Solidariätsdienst erwiesen.

Mit der Beobachtung unserer Partei durch den Verfassungsschutz soll die Auffassung vermittelt werden: Mit den LINKEN stimmt etwas nicht. Ziel ist es, DIE LINKE als Ganzes zu diskreditieren. In Bayern kommt man als Linker nicht einmal in den Öffentlichen Dienst.

Wir als Fraktion DIE LINKE im Bundestag haben bereits zum zweiten Mal den Kandidaten Gauck empfangen. CDU/CSU, FDP und SPD haben es abgelehnt, Beate Klarsfeld in ihren Fraktionen zu empfangen. Ich finde, das ist eine ausgeprägte Kulturlosigkeit

Die Grünen haben sich etwas anders verhalten. Sie haben einen Termin genannt, an dem Beate Klarsfeld sich in ihrer Fraktion vorstellen konnte. Zu diesem Zeitpunkt aber war Frau Klarsfeld zu Filmaufnahmen in Paris. Wir haben einen Alternativtermin angeboten, die Reaktion war Ablehnung.

Tatsache ist: Die Grünen hätten einer Frau gegenüber gesessen, die über 50 Jahre lang konsequent ein Ziel verfolgt hat. Sie hat dem gesamten bundesdeutschen Staatsapparat gezeigt, wie man als Einzelner etwas erreichen kann. Beate Klarsfeld würde die Grünen natürlich an ihre eigene Geschichte erinnern. Daran, dass sie mal eine pazifistische Partei waren. Jetzt sind sie für zwei Kriege mit verantwortlich: Jugoslawien und Afghanistan.

DIE LINKE setzt sich für Menschen ein, die in dieser Gesellschaft ausgegrenzt sind: für Migranten, für Arbeitslose, für Menschen in prekärer Beschäftigung, für Alleinerziehende, für Menschen, die an der Armutsgrenze leben – sie alle haben unsere Solidarität. Aber auch wir als LINKE

Doch auch DIE LINKE braucht Solidarität, sonst kann sie als Partei nicht überleben. Jeder Künstler oder Wissenschaftler, der für uns angetreten wäre, hätte sich um seine berufliche Existenz Sorgen machen müssen. Erinnern wir uns: Peter Sodann bekam keine Rollen mehr als Tatort-Kommissar, nachdem er für DIE LINKE angetreten war. Der Wissenschaftler Elmar Altvater, der Mitglied der Programmkommission der Partei DIE LINKE war, berichtete, dass sein Bekenntnis zur LINKEN seine wissenschaftlichen Möglichkeiten erheblich einschränkte.

In dieser Situation hat sich nun Beate Klarsfeld bereiterklärt, für unsere Partei anzutreten. Kein einziges Mal hat sie sich von der LINKEN distanziert, obwohl sie keine Linke im Sinne unseres Parteiprogramms ist. Mir fällt auf, dass sich Linke sehr häufig von anderen Linken distanzieren. Ich finde, das ist eine Praxis, die wir unbedingt beenden müssen.

Wir haben nun eine Frau, die keine Linke ist, den Angriffen der Springer-Presse ausgesetzt, und sie ist nicht eingeknickt. Bisher ist es der Springer-Presse nicht gelungen, einen Keil zwischen sie und DIE LINKE zu treiben, und ich bin sicher, dass es auch so bleiben wird.

Liebe Genossinnen und Genossen,

Die Springer-Presse hat versucht, und das ist ja keine Überraschung, Beate Klarsfeld mit der Stasikeule zu erschlagen. Doch das wird nicht gelingen. Beate Klarsfeld hat immer wieder gesagt, dass die DDR ihr geholfen hat, Nazikriegsverbrecher hinter Gitter zu bringen. Geholfen haben ihr die USA, Frankreich, Israel. Aber aus Westdeutschland erhielt sie keine Unterstützung.

Es geht hier ausnahmsweise mal nicht nur um die DDR, sondern um die DDR und die Bundesrepublik. Es geht um deutsche Geschichte. Und der Versuch, die DDR völlig aus dem historischen Kontext zu reißen, ist in diesem Fall nicht gelungen. Nun wird Beate Klarsfeld vorgeworfen, sie habe zu Behörden der DDR Kontakte gehabt. Wir wissen von ihr, dass sie diese Kontakte genutzt hat, um Kriegsverbrecher zu überführen. Wofür Joachim Gauck seine Kontakte zu Behörden genutzt hat, muss er der Öffentlichkeit noch sagen. Warum fragt eigentlich kein Journalist danach?

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir können von Beate Klarsfeld einiges lernen. Sie ist keine Linke, doch sie lebt Solidarität. Sie ist solidarisch mit den Opfern des Faschismus, mit den Opfern von alten und neuen Nazis. Sie weiß, dass Solidarität in bestimmten Situationen eine Frage von Leben und Tod ist. In unserem Land geht es in der Regel - aber manchmal schon - nicht um Leben oder Tod. Aber die Gefahr, als Migrant oder Antifaschist getötet zu werden, darf man nicht verharmlosen. Aber trotzdem ist es heute viel einfacher als in vergangenen Zeiten, solidarisch zu leben. Solidarität ist Voraussetzung dafür, dass wir als LINKE gemeinsam unsere politischen Ziele erreichen können.

Beate Klarsfeld hat uns gezeigt, dass wir die Gesellschaft wirklich verändern können. Wir als LINKE sind eine starke Partei. Fünf Millionen Menschen haben uns gewählt. Sie erwarten, dass sich mit der Wahl auch wirklich etwas ändert in ihrem Leben. Wir müssen – glaube ich – viel stärker an wirklichen Veränderungen arbeiten und auch daran glauben, dass wir die Kraft haben, Dinge in dieser Gesellschaft zu verändern.

Wenn wir in Parlamenten mit unseren Anträgen keinen Erfolg haben, müssen wir so lange dranbleiben und nicht die Flinte ins Korn werden oder alten Zeiten nachtrauern, bis wir auf verschiedenen Wegen etwas erreicht haben. Natürlich hatten wir als Regierungspartei in Berlin einen gewissen Gestaltungsspielraum gehabt. Aber DIE LINKE hat in vergangenen Zeiten gezeigt, dass man auch in der Opposition etwas ändern kann. Ich glaube, wir werden auch in Berlin wieder eine kraftvolle Opposition sein und - wenn wir an die Macht der Opposition glauben - der Regierung entschlossen den Kampf ansagen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

Beate Klarsfeld  hat uns gezeigt, wie viel man mit Beharrlichkeit, Solidarität und Selbstachtung erreichen kann. Und sie hat nie über die Mittel verfügt, die wir als LINKE in jedem Parlament haben.

Wir haben sie vor zwei Jahren für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. Guido Westerwelle hat diesen Vorschlag wieder abgelehnt. Und ich glaube, jedes Mitglied der Bundesversammlung kann am 18. März Beate Klarsfeld die Anerkennung zukommen lassen, die ihr die Herren Fischer, Steinmeier, Westerwelle und zuletzt Christian Wulff verwehrt haben.

Wenn wir unsere Gesellschaft wirklich verändern wollen – und das ist ja unser Anspruch in unserem Erfurter Programm -, dann müssen wir uns mit der Tatsache auseinandersetzen, dass der Neoliberalismus in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Das neoliberale Gift hat vielen die Köpfe, aber auch die Herzen vernebelt. Die Sprüche von den faulen Griechen, von den Hartz IV-Empfängern, die ja eigentlich nicht arbeiten und viel lieber zu Haus bleiben wollen, die angeblich ihr ganzes Geld für Flachbildschirme, Alkohol und Zigaretten ausgeben, das ist etwas, was viele denken, aussprechen und sich nicht grundsätzlich dagegen verwahren. Es ist unsere Aufgabe, dieses neoliberale Gift wieder aus den Köpfen und Herzen zu vertreiben. Wir müssen dem Egoismus die Solidarität entgegenstellen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir haben uns vorgenommen, diese Gesellschaft grundsätzlich zu verändern. Wir haben es in unserem Programm in Erfurt beschrieben. Wir haben unser Ziel benannt: den demokratischen Sozialismus. Aber wir sind mit einer merkwürdigen Situation konfrontiert. Es gibt unzählige Umfragen, die deutlich machen, dass viele Menschen mit dem Kapitalismus unzufrieden sind. Sie sagen, der Kapitalismus hat sich überlebt, sie wollen eine andere Gesellschaft. Aber auf die Frage, ob eine andere Gesellschaft möglich ist, sind sie genauso fragend oder ablehnend. Viele meinen, das wäre ein schöner Traum, aber eigentlich nicht möglich. Und darum ist es für uns so wichtig, dass wir als LINKE zeigen, dass man etwas verändern kann, dass dort, wo wir als LINKE etwas tun, sich etwas für die Menschen ändert, dass wir gemeinsam etwas ändern können. Darum müssen wir auf allen Ebenen, auf der kommunalpolitischen Ebene, auf der Landesebene, auf der Bundesebene, berall darum ringen. Wir brauchen keine strikte Teilung in verschiedene Bereiche. Wir brauchen Arbeitsteilung, aber die Arbeitsteilung darf nicht Kooperation ersetzen.

Ich habe vorgeschlagen, dass wir aus unserem Parteiprogramm Referenzprojekte ableiten, dass wir zeigen, was wirklich geht, was man wirklich verändern kann, dass man in einzelnen Bundesländern, in einzelnen Kommunen durch gute Beispiele zeigen kann: Ja, dort, wo DIE LINKE ist, ist es besser für die Menschen, da können wir gemeinsam etwas ändern. Und ich hoffe, dass auch der neue Bezirksvorstand sich mit Projekten und Vorschlägen beteiligt und die in konkrete Politik umsetzt.

Liebe Genossinnen und Genossen,

das ist meine letzte Rede als Bezirksvorsitzende. Ich bin vor achtzehn Jahren hier in Lichtenberg Bezirksvorsitzende geworden. Hätte mir damals jemand gesagt, du machst das achtzehn Jahre lang, hätte ich sicherlich gesagt, das ist unvorstellbar, unglaublich, unmöglich.

Wir haben in diesen achtzehn Jahren gemeinsam viele Erfahrungen gemacht, wir haben Wahlen gewonnen, Wahlen verloren. Wir hatten heftige Diskussionen über unseren Platz in der Gesellschaft, über Geschichte, über Schwerpunkte, über die Fragen, wie wir unsere Ziele am besten umsetzen können und wer an welcher Stelle etwas erreichen kann. Mir ist wichtig, dass wir immer einen solidarischen Umgang miteinander pflegen, dass jede Genossin und jeder Genosse wichtig ist. Dass wir nicht sagen: Das sind die einen, die es schaffen, Plakate auf- und abzuhängen oder Flugblätter zu verteilen, aber Politik sollen sie mal denjenigen überlassen, die davon richtig Ahnung haben. Ich bin seit vielen Jahren Abgeordnete auf verschiedenen Ebenen, auf der kommunalen, auf der Landes- und jetzt auf der Bundesebene.  Und da muss man sich immer wieder selbst prüfen, ob man sich mit den Dingen beschäftigt, die wirklich gerade wichtig sind.

Die Verbindung mit allen Genossinnen und Genossen war mir in der Vergangenheit wichtig und wird mir auch in Zukunft wichtig sein.

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir haben in unserem Programm unsere Ziele definiert, und mir ist wichtig, dass wir in der alltäglichen Arbeit, bei den kleinen Dingen, die manchmal unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, das große Ziel, die Gesellschaft solidarisch zu verändern, eine gerechte Gesellschaft zu erreichen, nicht aus den Augen verlieren. Bei Auseinandersetzungen sollten wir uns immer fragen, ob sich der konkrete Streit wirklich lohnt, ob er uns hilft, unsere Ziele zu erreichen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

viele von uns sind ja seit 1989/90 dabei. Da entwickelt sich manchmal auch Routine. Ich bin dafür, dass wir die Erfahrungen schätzen, aber dass wir auch neue Ideen der jungen Genossinnen und Genossen ernst nehmen. Natürlich haben auch ältere manchmal neue Ideen, das ist keine Frage des Alters. Dass wir nicht jede Äußerung auf die Goldwaage legen und dass wir der Jugend das Recht auf einen undifferenzierten Blick geben. Auf die Jungen trifft das natürlich genauso zu. Sie sollten die Leistungen und Erfahrungen der Älteren nicht geringschätzen. Das kann viele unproduktive Umwege ersparen.

Ich habe mir die Frage gestellt: Wie kann man sich bedanken, wen soll man nennen? Die große Gefahr dabei ist, dass man Menschen nicht nennt, die es aber sehr verdient haben. Darum will ich das sehr umfassend machen und mich bei allen, die mich in den vergangenen achtzehn Jahren in meiner Arbeit als Bezirksvorsitzende unterstützt haben, herzlich bedanken. Ich hoffe, dass sie auch den neuen Bezirksvorstand unterstützen werden und dass sie mich in meiner Arbeit als Bundestagsabgeordnete und Parteivorsitzende weiter solidarische begleiten werden. Wir haben in den vergangenen Jahren viele gemeinsame Erlebnisse gehabt, die mit allen Funktionen verbunden sind, natürlich auch mit dem Abgeordnetenmandat.

Ich möchte mich allerdings – das sei mir gestattet – bei einem Menschen doch namentlich bedanken. Ich bedanke mich herzlich bei Michael Stadler. Er hat mich unterstützt, begleitet, kritisiert - unter vier Augen -, und er hat mir insbesondere seit meiner Wahl zur Bundesvorsitzenden der Partei sehr viel Arbeit abgenommen, mir den Rücken freigehalten und immer dann, wenn ich zu anderen Terminen im Land unterwegs war, die Arbeit hier in Lichtenberg fortgesetzt. Also, herzlichen Dank, Michael!

Liebe Genossinnen und Genossen,

heute haben wir euch vorgeschlagen, für den neuen Bezirksvorstand eine Doppelspitze zu wählen. Ich weiß: Doppelspitzen haben Vorteile, sie haben auch manchmal kleine Tücken. Auch wir hier in Lichtenberg hatten schon einmal vor einigen Jahren eine Doppelspitze, das ist für uns also nicht neu. Wir haben eine sehr gute Bewerberin und einen sehr guten Bewerber. Mit Evrim Sommer und Michael Grunst schlagen wir euch zwei Genossen vor, von denen wir überzeugt sind, dass sie gut zusammenarbeiten werden. Natürlich werden sie sich manchmal zusammenraufen müssen. Aber zusammenraufen muss man sich immer, auch wenn man sich nicht in einer Doppelspitze befindet. Die ganze Partei muss sich immer wieder zusammenraufen.

Ich möchte aber auch noch ein anderes Argument nennen. Vorgestern war der Internationale Frauentag. Natürlich haben wir auch anlässlich des Frauentages - ich hatte sehr viele Gäste im Bundestag, an drei Tagen etwa 150 Frauen - über die Stellung der Frauen in unserer Gesellschaft gesprochen.

Wir haben in der LINKEN, auch wenn wir im Bundestag mehr Frauen als Männer haben, ein Frauenproblem. Der Frauenanteil sinkt in unserer Partei. In einigen Bundesländern sind die Führungspositionen nur noch in Männerhand. Das war Anfang der 90er Jahr einmal ganz anders. Das ist nicht gut für unsere Partei. Darum müssen wir offensiv Frauen unterstützen und fördern. Damit will ich nicht sagen, dass wir Evrim fördern müssen. Nein, ich meine, dass Evrim durch ihre Arbeit Frauen fördern und für unsere Partei gewinnen kann. Ich glaube auch, dass Evrim und Michael Grunst gemeinsam, in der Lage sind, das Ruder zu übernehmen. Vor uns stehen große Aufgaben. Wir müssen Mitglieder und Sympathisanten gewinnen. Wir müssen unsere Glaubwürdigkeit wieder stärken. Und auch wenn wir in Berlin in der Opposition sind, müssen wir beweisen, dass wir für die Menschen etwas erreichen können. Wir müssen jetzt den Druck auf die auf die Koalition von SPD und CDU erhöhen.

Der Bundestagswahlkampf hat spätestens mit der Bundespräsidentenwahl begonnen. Die Auseinandersetzungen auf der politischen Ebene werden härter werden, und wir werden auf unserem Parteitag im Juni die Richtung für unseren Wahlkampf bestimmen. Ich möchte enden mit einem Zitat des im Augenblick ziemlich häufig zitierten Philosophen Slavoj Žižek. Ich glaube, wir können daraus Selbstbewusstsein beziehen, wenn wir uns darauf berufen, was er gesagt hat: "Wir sind die, auf die wir gewartet haben." Wir selber können handeln, wir selber können gemeinsam diese Gesellschaft ändern, wenn wir unser Ziel immer fest im Blick haben: eine solidarische Gesellschaft. Eine solidarische Gesellschaft ist nicht nur das Große, sondern lebt hier im Kleinen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Vielen Dank für die langen Jahre der Unterstützung.