Reden

Krieg ist immer die falsche Antwort auf Terror

Rede in der Schlussberatung zum Bundeshaushalt 2016

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE):

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Ausnahmsweise haben auch Mitarbeiter des Sekretariats hier im Plenarsaal Platz genommen. Auch ihnen gilt unser Dank für die hervorragende Arbeit. Darauf werde ich nachher noch einmal zu sprechen kommen.

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste auf den Tribünen! Gestern hat die Bundesregierung die Fraktionen darüber informiert, dass sie sich an der militärischen Bekämpfung des IS in Syrien beteiligen will. Diese Entscheidung ist falsch, fatal und gefährlich. Krieg ist immer die falsche Antwort auf Terror.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir müssen den IS dort bekämpfen, wo er verwundbar ist. Der IS muss von seinen Geldquellen abgeschnitten werden, und es muss ihm die ideologische Grundlage entzogen werden.

(Beifall bei der LINKEN - Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Sagen wir ja auch!)

Wir wissen doch, dass eine wichtige Geldquelle des IS der Handel mit Öl und geraubten Kunstwerken ist. Die Türkei, immerhin unser NATO-Partner, muss endlich die illegale Einfuhr stoppen und darf den IS nicht weiter unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Rüstungsexporte in die Region müssen sofort beendet werden. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass deutsche Waffen nach Saudi-Arabien und Katar geliefert werden. Die Gefahr, dass diese Waffen dann beim IS landen, ist uns doch bekannt. Das darf nicht geschehen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vieles an der jetzigen Diskussion erinnert uns fatal an das Jahr 2001. Mit dem Afghanistan-Krieg sollte der weltweite Terrorismus wirksam bekämpft werden. Nicht nur wir haben damals davor gewarnt. Die bittere Wahrheit ist: Nach 14 Jahren Krieg, mit vielen Toten in Afghanistan, aber auch mit toten deutschen Soldaten und vielen, die traumatisiert zurückgekehrt sind, ist der Terrorismus nicht besiegt - im Gegenteil. Warum, meine Damen und Herren, können wir aus dem Afghanistan-Krieg nicht lernen?

(Beifall bei der LINKEN)

Krieg kostet nicht nur Menschenleben, Krieg kostet auch viel Geld. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzte die gesamtgesellschaftlichen Kosten des Afghanistan-Krieges für Deutschland auf bis zu 47 Milliarden Euro. Lassen Sie uns dieses viele Geld doch sinnvoller verwenden, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

Finanzminister Schäuble, Sie haben in Ihrer Eingangsrede immer wieder betont, dass Sie auf Sicht fahren müssten, die Globalisierung habe die Welt so komplex gemacht. Doch gerade deshalb kann man nicht auf Sicht fahren. Man braucht einen guten Plan, man braucht Ideen, und es hilft auch, bibelfest zu sein, um sich in dieser komplexer werdenden Welt zurechtzufinden.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diesen Plan hat die Bundesregierung allerdings nicht. Das ist gefährlich und schafft Unsicherheit.

Statt eine Idee zu entwickeln, wiederholen Sie die immer gleichen Argumente, auch wenn diese von der Wirklichkeit längst widerlegt sind, zum Beispiel das Märchen, dass eine stärkere Besteuerung von Unternehmen und Vermögenden zu Verlusten bei Arbeitsplätzen führen würde. Ähnliches haben wir zehn Jahre lang über den gesetzlichen Mindestlohn gehört. Aber die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes hat gezeigt, dass gerade das Gegenteil der Fall ist. Auch Sie von der Union haben doch die Tatsache gerühmt, dass wir noch nie so viele Arbeitsplätze in Deutschland hatten. Ganz im Gegenteil: Der gesetzliche Mindestlohn trägt dazu bei, Arbeitsplätze zu sichern. Ich würde mich freuen, Herr Schäuble, wenn Sie in Ihrer Rede die Auffassung Ihrer Kabinettskollegin Nahles bekräftigen würden, dass es keine Aufweichungen beim gesetzlichen Mindestlohn geben darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich wissen wir, dass die zu niedrige Besteuerung von Unternehmen in Irland und anderen EU-Ländern ein Problem ist. Aber wäre es nicht eine Ihrer dringlichsten Aufgaben, Herr Schäuble, für eine Angleichung der Unternehmenssteuern in Europa zu sorgen? Sie haben doch Einfluss. Das haben Sie doch in der Auseinandersetzung um Griechenland bewiesen. In dieser Frage, in der Frage der Vereinheitlichung der Unternehmenssteuern, fahren Sie nicht einmal auf Sicht - und das ist unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Die OECD hat uns eindringlich vorgerechnet, dass die Besteuerung der Vermögenden in Deutschland zu gering ist. 27 der 33 OECD-Staaten fordern eine höhere Vermögensteuer als Deutschland. Glauben Sie wirklich, dass, wenn wir von Platz 28 auf Platz 27 vorrücken würden, die Vermögenden in Scharen unser Land verlassen würden? Ich halte das für ein Ammenmärchen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir müssen unsere Einnahmen deutlich erhöhen; denn wir brauchen Geld für ein Investitions-Integrationsprogramm, also ein Zukunftsprogramm, das Aufträge für Betriebe sichert und Arbeit für Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge schafft. Das wäre eine gute Entscheidung. Leider ist nichts davon in diesem Haushalt zu finden.

Wir als Linke werden gegen dieses Haushaltsgesetz stimmen. Dieser Haushalt ist nicht sozial, er ist nicht gerecht, und Ausgaben für Kriege, die Terror nicht beseitigen, sondern weiter fördern, werden wir als Linke niemals unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe mich in meinen Haushaltsreden auf wenige Zahlen beschränkt. Ich kann Ihnen aber versichern, dass bei der Behandlung der Einzelpläne und des Gesamthaushaltes im Ausschuss sehr viele Zahlenkolonnen durch unsere Hände gegangen sind. 643 Anträge, 218 Bereinigungsvorlagen, 448 Personalveränderungen - zum Positiven -, 900 Abstimmungen wurden in 49 Stunden und 40 Minuten verhandelt, die Berichterstattergespräche nicht einberechnet. In dieser Zeit wurden 16 Kilo Kaffee verbraucht. Die Wasserflaschen und andere Getränke haben wir nicht gezählt. Einen großen Teil dieser Arbeit, insbesondere der Vorbereitungsarbeit, hat selbstverständlich unser Haushaltssekretariat geleistet. Dafür herzlichen Dank!