Reden

Die Frauen wollen es wissen

Warum will der Finanzminister nicht wissen wie sich der Haushalt auf Frauen und Männer verteilt? DIE LINKE fordert einen transparenten und geschlechtergerechten Haushalt.

Rede von Gesine Lötzsch am 7.7.16 im Deutschen Bundestag 

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein transparenter und geschlechtergerechter Haushalt ist wichtig und richtig. Eigentlich ist es erstaunlich und schade, dass wir überhaupt darüber reden müssen

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Herren von der Union, Sie müssen doch keine Angst haben, dass es Ihnen schlechter gehen wird. Bei diesem Antrag - die Kollegin hat es ja dargestellt - geht es doch erst einmal um Transparenz. Ihnen wird doch noch gar nichts weggenommen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)

Es wäre doch viel zu schade, meine Damen und Herren, wenn Finanzminister und Regierungsfraktionen ausdrücklich nicht wissen wollen, wie viel Geld aus dem Bundeshaushalt bei Männern und Frauen ankommt. Warum eigentlich? Fürchten Sie etwas die Ergebnisse? 

(Zurufe von der CDU/CSU)

Wir Linke hatten bereits im Frühjahr 2014 das Thema im Haushaltsausschuss auf die Tagesordnung gesetzt. Leider war das Desinteresse bei der Koalition groß. Der damalige Finanzstaatssekretär meinte sogar noch, dass der Haushalt doch nichts mit der Durchsetzung der Gleichberechtigung der Geschlechter zu tun habe. Welche Fehleinschätzung! Wir wissen ja: Um vernünftige Politik zu machen, brauchen wir das Geld an der richtigen Stelle. Dafür werden wir uns als Linke immer einsetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir können ja einmal ein paar Beispiele - die Kollegin Deligöz hat das ja schon gemacht; ich werde noch welche hinzufügen - durchdeklinieren. Mich interessiert zum Beispiel brennend die Frage, wie die Personalmittel in den Bundesministerien auf Frauen und Männer verteilt sind.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe dazu eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Ich bin sehr gespannt auf die Antwort. Ich kann mir nämlich vorstellen, dass das Personalbudget sehr unterschiedlich verteilt ist, und sicher nicht nur im Verteidigungsministerium zuungunsten der Frauen, meine Damen und Herren. Oder wir können uns die Bundessubventionen unter dem Aspekt der Verteilung zwischen Männern und Frauen anschauen. Werden Männer von der Bundesregierung mehr subventioniert als Frauen? Ich nenne Ihnen einmal ein aktuelles Beispiel: die Subventionierung des Kaufs von Elektroautos. Stellen Sie sich mal ehrlich die Frage: Geht es da wirklich um die Energiewende, oder geht es doch eher um Männerträume? Meine Damen und Herren, ich sage: Es geht um Männerträume.

(Beifall bei der LINKEN - Alois Rainer (CDU/CSU): Nein, danke! Elektroauto bestimmt nicht! Kein Traum von mir!)

Warum wurde zum Beispiel der Frauenbetrieb Schlecker nicht gerettet, dafür aber Schrottbanken, die in der Mehrheit von Männern geführt werden? Auch das ist eine berechtigte Frage, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wenn Wirtschaftsminister Gabriel immer wieder mehr Waffen exportiert, dann ist doch die interessante Frage: Wer ist eigentlich für die Herstellung dieser Waffen verantwortlich, wer sitzt da in den Führungspositionen, Männer oder Frauen?

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Nächster Punkt. Schauen wir uns die Steuerpolitik an. Wie sieht es da aus? Gibt es vielleicht noch keine gerechte Vermögensteuer, weil sich die großen Vermögen zumeist in den Händen von Männern befinden? Ich finde, das sind alles interessante Fragen. Ich denke, niemand wird verstehen, wenn die Koalition - Frau Radomski hat das ja für die CDU/CSU schon vorgetragen - sie nicht beantworten will. Es gibt zu diesem Thema viele gute Erfahrungen in Österreich, in Skandinavien, aber auch in Berlin. Der Berliner Senat hatte 2002 auf Vorschlag der Linken als erstes Bundesland das Gender Budgeting eingeführt. Man kann sich ja ausnahmsweise einmal an Berlin orientieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN - Michael Donth (CDU/CSU): Berlin hat ja kein Geld!)

Mein Vorschlag an die Frauen im Bundestag: Sollte dieser Antrag abgelehnt werden, sollten wir gemeinsam die uns zur Verfügung stehenden parlamentarischen Mittel nutzen, um die nötigen Informationen auch so zu herauszufinden und um in der Verteilungsfrage mehr Transparenz herzustellen. Ich habe bereits damit angefangen, und ich denke, es wäre gut, wenn viele mitmachen - aus allen Fraktionen.

Herzlichen Dank. - Ich habe 10 Sekunden Redezeit gespart.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)