Wir brauchen mehr Umverteilung zum Erhalt unserer Gesellschaft

Haushaltsberatungen 2013

Rede in der Schlussrunde der 1.Lesung 

In dieser Woche fanden die Beratungen zum Bundeshaushalt 2013 in erster Lesung statt. Wieder einmal setzt die  Bundesregierung den Rotstift bei den Schwachen an. Im Etat „Arbeit und Soziales“ sollen 30 Mrd. Euro gestrichen werden. DIE LINKE fordert hingegen einen Schutzschirm für Arbeitnehmer. Dazu gehört ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 10 Euro, auch um Altersarmut wirksam vorzubeugen. Gut gerüstet dagegen ist die Bundeswehr, so wurden z.B. für die Beschaffung  des militärischen Transportflugzeuge des Typs A 400 M in den letzten drei Jahren rund 2 Mrd. Euro veranschlagt. Für 2013 kommen noch einmal 1 Mrd. Euro für den Personalaufwuchs der Truppe hinzu. DIE LINKE sagt:  Im Bereich Rüstung muss deutlich gekürzt werden und zwar in allen EU-Ländern.

 

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE):

Vielen Dank. ‑ Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen Tagen von Bundesregierung und Koalition reichlich Selbstgefälligkeit und Eigenlob erlebt. Ich finde das, ehrlich gesagt, völlig unangemessen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum möchte ich die Kritik der Linken in drei Punkten zusammenfassen:

Erstens. Dieser Haushalt ist kein Schutzschirm für die Menschen in unserem Land.

Zweitens. Die Bundesregierung unternimmt nichts, aber auch gar nichts, um die soziale Spaltung der Gesellschaft zu überwinden.

Drittens. Die Bundesregierung setzt Geld an der völlig falschen Stelle ein; sie verschwendet also Steuermittel.

Meine Damen und Herren, wir brauchen dringend einen Schutzschirm für Arbeitnehmer, Rentner, Arbeitslose und Familien.

(Beifall bei der LINKEN)

Was heißt das?

Schützen Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Lohndumping und beschließen Sie endlich einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde!

(Beifall bei der LINKEN)

In der Krise 2008 wurde die Regelung zur Kurzarbeit vereinfacht. Das brauchen wir jetzt wieder.

Schützen Sie die heutigen und zukünftigen Rentnerinnen und Rentner vor Altersarmut! Führen Sie endlich eine solidarische Mindestrente ein! Das ist das Gebot der Stunde.

(Beifall bei der LINKEN)

Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, sollen jetzt 8 Euro im Monat mehr bekommen. Wenn man sich nur einmal anschaut, wie die Preise gestiegen sind - Mieten, Strom, Wasser, Lebensmittel werden immer teurer -, dann muss man sagen: 8 Euro im Monat sind doch wirklich eine Verhöhnung dieser Menschen. Wir brauchen endlich eine Überwindung des unwürdigen Hartz-Systems, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir als Linke sind die schärfsten Kritiker der Banken. Aber eigentlich sind doch die Banken nur die Söldner, die mit dem Spielgeld der Superreichen auf den Finanzmärkten nach hohen Renditen jagen und dabei kein Erbarmen kennen. Darum will ich hier unsere Forderung wiederholen und bekräftigen, die gestern auch schon von meinem Kollegen Roland Claus aufgebracht wurde: Spekulationen mit Nahrungsmitteln müssen endlich verboten werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Doch die dringend nötige Regulierung von Banken und Finanzmärkten ist nur ein Schritt. Die eigentliche Ursache für die dauerhafte Finanzkrise ist doch die Konzentration des Reichtums in den Händen weniger. Deshalb ist unsere Forderung nach Umverteilung nicht nur eine Forderung nach mehr Gerechtigkeit, sondern in Wirklichkeit eine Forderung nach Erhalt unserer Gesellschaft. Aber diese Bundesregierung steht für weniger Gerechtigkeit; sie steht für eine Beschädigung der Demokratie und unserer Sozialsysteme. Wir müssen endlich einen anderen politischen Weg gehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun ist heute von mehreren Kollegen über Subventionen gesprochen worden. Ich finde, wenn man über Subventionen spricht, soll man das sehr konkret machen. Schauen wir uns einmal die 20 größten Subventionsempfänger in Deutschland an: Hier stehen die energieintensiven Unternehmen auf Platz eins. Durch Subventionen für diese gehen dem Bundeshaushalt jährlich 2,3 Milliarden Euro verloren. Ich finde, das ist nicht hinzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Finanzminister Schäuble hat nun gefordert, dass die Unternehmen wenigstens einen konkreten Nachweis über die eingesparten Mengen an Strom und Brennstoff liefern sollen, aber das wurde dann vom Wirtschaftsminister, der sonst nichts bringt, gekippt.

Meine Damen und Herren, die Steuerzahler sollten durch eine Bankenabgabe von den Krisenkosten entlastet werden. Auch das ist ein Flop. Eigentlich war geplant, dass Herr Schäuble im Jahr 2011 über die Bankenabgabe 1,3 Milliarden Euro einnimmt. Es wurde weniger als die Hälfte, gerade einmal 500 Millionen Euro. Die Bundesbank hat uns die Auskunft erteilt - Sie können das nachlesen -, dass die Krise den deutschen Steuerzahler bisher 335 Milliarden Euro gekostet hat.

(Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Was? Bitte einmal die Zahl erläutern! Gibt’s nämlich gar nicht!)

Da fragt man sich: Warum wurden bei den Banken nur 500 Millionen Euro geholt? Da ist wirklich mehr drin.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Jahr 2010 - Sie erinnern sich - haben Sie ein Kürzungspaket beschlossen. Es wurde immer wieder geändert, und darum ist es interessant, zu schauen, was daraus geworden ist. Die Konzerne müssen zur Sanierung der Staatsfinanzen so gut wie gar nichts beitragen; das alles wurde peu à peu wieder gestrichen. Aber die Kürzungen, die den einfachen Steuerzahler treffen, wurden eins zu eins umgesetzt.

Darum finde ich es immer besonders empörend, wenn Politiker - auch in dieser Woche wieder - versuchen, das Märchen zu verbreiten, dass eigentlich nur die Besserverdienenden Steuern zahlen. Das, meine Damen und Herren, stimmt nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch Arbeitslose und Rentner zahlen Steuern, nämlich Verbrauchssteuern, vor allen Dingen die Mehrwertsteuer. Diese Steuern sind in den letzten Jahren immer wieder gestiegen, im Gegensatz zur Einkommen- und zur Erbschaftsteuer. Nur einmal zwei aktuelle Zahlen: Wenn wir die Einnahmen aus den Jahren 2010 und 2011 vergleichen, so sehen wir, dass die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer um 3,6 Prozent zurückgegangen sind, aber die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer um 1,8 Prozent gestiegen sind; hier wurden insgesamt 139 Milliarden Euro eingenommen. Ich finde, dass es für alle Menschen, die sich mit ihren Steuerzahlungen am Staatshaushalt beteiligen, beleidigend ist, ihnen immer wieder zu erklären, sie würden gar nichts zahlen und nichts beitragen. Das stimmt einfach nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen endlich eine Finanztransaktionsteuer, die den Finanzmarkt entschleunigt und die zudem ordentlich Geld in die Staatskasse bringt. Wir brauchen höhere Vermögensteuern in unserem Land. Man muss auch ganz deutlich sagen: Hier wurde viel über die Schweiz diskutiert; das ist alles richtig. Wenn es jedoch um die Besteuerung von Vermögen geht, ist Deutschland eine große Steueroase. Auch das muss ein Ende haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte konkret etwas zur Verschwendung von Geldern sagen. Ein einziges Beispiel: Nach dem 2010 beschlossenen Kürzungspaket sollte das Verteidigungsministerium im Jahr 2013  1 Milliarde Euro weniger ausgeben. Davon findet man im Haushalt gar nicht mehr. Die Bundeswehr macht eine Reform und baut Personal ab. Doch trotz des Personalabbaus will der Minister fast 1 Milliarde Euro mehr für sein Personal haben. In der Summe macht das 2 Milliarden Euro mehr aus, als noch 2010 geplant.

Stellen Sie sich bitte einmal vor: In Griechenland wird, so wie es die Troika gefordert hat, Personal im öffentlichen Dienst abgebaut. Dann sagen die Griechen aber: Ja, wir bauen Personal ab, aber wir senken die Personalkosten nicht um 1 Milliarde Euro, sondern wir erhöhen sie um 1 Milliarde Euro. - Diese Koalition würde doch im Karree springen und sofort alle Kreditlinien für Griechenland sperren lassen. Wenden Sie endlich die Maßstäbe, die Sie anderen abverlangen, auf sich selber an! Erst dann wird eine glaubwürdige Politik daraus.

(Beifall bei der LINKEN)

Jeder Europäer, der es wissen will, weiß es schon: Die Bundesregierung hat viel bittere Medizin für unsere europäischen Nachbarn zur Hand. Auch im eigenen Land wird diese bittere Medizin verteilt, aber nur an Arbeitnehmer, Arbeitslose, Rentner und Menschen, denen es nicht so gut geht. Die Wirkung ist katastrophal.

(Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): Wie passt das jetzt mit dem zusammen, worüber Sie vor fünf Minuten gesprochen haben?)

Dieser Haushalt ist ein Schönwetterhaushalt für die Menschen, die schon immer auf dem Sonnendeck gelegen haben. Er ist jedoch eine Bedrohung für die Menschen, die unter Deck sitzen müssen. Es wird Zeit, dass sich etwas ändert in unserem Land.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Foto:© L.Rasche/ PIXELIO'